Cool, cooler, Bertolacci
Nachdem sie selbst zehn Jahre als Profi in den internationalen Volleyballligen spielte und Australien im Nationaltrikot vertrat, hat sie sich nun auf die andere Seite der Spielfeldmarkierung begeben und ist Head Coach des NLA-Männerteams von Volley Top Luzern. Lauren Bertolacci behauptet sich als Frau in einer Männerdomäne – mal ganz klischeehaft ausgedrückt. Wir haben mit ihr über ihre Jungs im Team und ihre eigene Karriere gesprochen und durften von der ersten Sekunde an feststellen, dass Lauren Bertolacci eine ziemlich coole Socke ist.
Lauren, spielst du selber eigentlich noch Volleyball?
Nein, die letzte Saison war auch meine letzte Saison als Spielerin.
War das nicht schwer für dich?
Ich habe bereits in meiner aktiven Zeit als Trainerin agiert und zunehmend mehr Interesse fürs Coaching bekommen. Für mich war es eine grosse Chance, als Frau Coach eines Männer-NLA-Teams zu sein. Das passiert sicher nicht häufig, egal in welcher Sportart. Diese Möglichkeit machte das Ende meiner Spielerkarriere einfacher. Nun habe ich eben eine neue Karriere als Trainerin begonnen und freue mich auf die Zukunft.
Was ist der Unterschied zwischen dem Spieler- und dem Trainer-Status?
Alles. Man hat viel mehr Verantwortung und grundsätzlich die gesamte Kontrolle über das Team und darüber, wie es sich entwickelt.
Ihr könntet diese Saison mit dem 7. Tabellenplatz abschliessen. Zufrieden?
Natürlich sind die Playoffs immer das Ziel. Wir haben unser Team mit einzig Schweizer Talenten aufgestellt, viele von ihnen sind mit Anfang 20 auch noch recht jung. Wir konnten sehr gute Ergebnisse gegen wirklich gute Teams erzielen und haben uns enorm entwickelt. Ich bin mit der Teamleistung sehr zufrieden, obwohl ich nicht leugnen kann, dass es uns wurmt, die Playoffs verpasst zu haben.
Welche Ziele hast du für die nächsten Saisons?
Im Moment verfolgen wir die Philosophie, ein Team aus jungen Schweizer Talenten zu formen, vorrangig aus dem Raum der Zentralschweiz. Dieser Prozess braucht Zeit, man kann nicht von Anfang an davon ausgehen, dass man mit einem neu formierten Team direkt oben mitspielt. Wenn wir nur noch ein paar Schritte gehen, dann werden wir in den nächsten Jahren ein stabiles Playoff-Team sein.
Als Frau Coach eines Männerteams. Wie fühlt sich das an?
Genauso, wie Coach eines Frauenteams zu sein. Ich habe auch schon Frauenteams trainiert und ehrlich gesagt, mache ich keinerlei Unterschiede. Letztendlich ist und bleibt es Volleyball. Einzig kleine taktische Unterschiede gibt es zwischen Männern und Frauen – natürlich verlaufen die Männerspiele mit etwas mehr Speed und Power, aber grundsätzlich ist es genau das gleiche Spiel.
Ist auch der Umgangston gleich?
Auch hier habe ich gemerkt, dass es nur wenige Unterschiede gibt. Ich habe auch bei den Frauen kein Blatt vor den Mund genommen, damit mussten sie klarkommen. Im Gegensatz dazu, gibt es auch bei den Herren ab und zu mal Auseinandersetzungen, wie man sie vielleicht eher den Frauen zuschreiben würde.
Haben dich die Männer von Anfang an respektiert?
Ich weiss nicht, ob da vielleicht hinter meinem Rücken erzählt wurde. Als ich anfing, habe ich mich vorgestellt, ihnen erzählt, wer ich bin, was ich gemacht habe und was ich mit ihnen vorhabe. Dann haben wir uns an die Arbeit gemacht.
Ist das Verhältnis zu den Männern freundschaftlich?
Es ist eine Trainer-Team-Beziehung, nicht mehr und nicht weniger.
Hörst du oft Kritik von Kollegen?
Kritik nicht wirklich, eher „nette“ Kommentare – okay, sagen wir sexistische Kommentare –, auch aus dem Publikum. Die Menschen können mich ansehen, als sei ich ein kleines Mädchen, wichtig ist, dass mein Team mich respektiert. Wenn sie mir keinen Respekt entgegenbringen, dann, weil ich eine schlechte Trainerin bin und nicht, weil ich eine Frau bin.
Wie landet man als Australierin in Luzern?
Ursprünglich natürlich wegen dem Sport. Hier lernte ich vor vier Jahren meine Freundin kennen.
Magst du Luzern?
Sehr, Luzern ist eine der schönsten Städte der Schweiz. Was ich allerdings nicht mag, ist die Kälte. Daran werde ich mich als Australierin auch nie gewöhnen.
Wirst du nie zurückgehen?
Erstmal nicht, das aber vor allem aufgrund des Sports. In Australien ist Volleyball kein Profisport, ich könnte also nie hauptberuflich als Trainerin arbeiten. Ich habe grosse Ziele und möchte irgendwann mal Coach in der Champions League sein und deswegen gehe ich sehr stark davon aus, dass meine Zukunft irgendwo in Europa ist.
Glaubst du an dieses Ziel?
Auf jeden Fall! Wahrscheinlich wird es aber auf eine Karriere im Frauenbereich hinauslaufen, denn auch im Jahr 2016 gibt es noch Blockaden in den Denkweisen, obwohl es mir persönlich absolut egal ist, ob ich Herren oder Damen trainiere. Aber ich bin noch sehr jung und habe keine Eile, mich da irgendwie festzulegen.
Die Fragen stellte: Lisa Bartsch