Von geduldeter Ausländerin zur echten Schweizerin
Das Buch «Integration ist mehr als ein Wort» landete auf Platz zwei
Katia Wunderlin aus Buchrain gewinnt den zweiten Preis der Schweizer Autobiographie-Awards.
«Ich fühle mich sehr dankbar und privilegiert, dass ich den Weg von einer geduldeten Ausländerin zu einer echten Schweizerin geschafft habe.» So antwortet die seit 1994 in Buchrain (seit 1978 im Kanton Luzern) lebende Katia Wunderlin ( Jahrgang 1957), die mit dem zweiten Preis der Schweizer Autobiographie-Awards Ausgezeichnete auf die Frage, weshalb sie überhaupt ihre Lebensgeschichte mit dem Titel «Integration ist mehr als ein Wort» geschrieben habe. Und das in Rekordzeit, hat sie doch erst anfangs Oktober 2020 die Schreib- und Publikationsmöglichkeit auf der (nichtkommerziellen) Autobiographie-Plattform www.meet-my-life.net entdeckt. Ihre Mühe wurde belohnt und von Christine Loetscher, Professorin am Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft (ISEK) der Universität Zürich in ihrer Laudatio gewürdigt: «Katia Wunderlin erzählt temperamentvoll und mit einem sicheren Gespür für Sound und Rhythmus des Erzählens.» Diese bemerkenswerte, mit vielen Dialogsequenzen angereicherte Autobiographie schildert ihren gelungenen Integrationsprozess, seit sie 1975 als 18-Jährige aus dem damals noch kommunistischen Jugoslawien kommend in Buchs (SG) erstmals Schweizer Boden betreten hatte. Dabei blitzt auch immer wieder ihr Schalk auf: «Er [der Einwanderungsbeamte] lächelte. Seine Augen lächelten mit. Das gefiel mir so bei den Schweizern. Bei ihnen lächelten auch Beamte. In Jugoslawien hatte ich nie einen Menschen in öffentlicher Stellung lachen gesehen. Manchmal frage ich mich, ob die Beamten in Jugoslawien eine Zusatzausbildung in der Kunst des ?Nicht-Lächelns? erhalten.» Abschliessend versäumt sie es nicht, für sich und andere Integrationswillige ein Fazit zu ziehen: «Niemand von uns reist ohne Gepäck. Unsere Traditionen, unsere Erziehung und unsere Wertvorstellungen reisen mit. Doch in einem fremden Land gelten oft andere Traditionen, andere Wertvorstellungen. Darum müssen wir unseren Rucksack vorläufig ablegen, um uns auf das Neue einlassen zu können.» Der ganze Text kann im öffentlichen Lesebereich von www.meet-my-life.net online gelesen und auch zuhanden der Autorin kommentiert werden. Der erste Preis der Schweizer Autobiographie-Awards 2020 geht an die in einer Zürcher Altersresidenz lebende Tina Esther Wagner für ihre Biographie «Rückwärts auf den Stöckelschuhen die Balance finden». Ebenfalls zu lesen auf www.meet-my-life.net. Mit dieser Wahl hat die Jury erstmals einen noch unkorrigierten und unvollendeten Rohtext, ein «Work in progress», mit dem Award ausgezeichnet. Mit der Vergabe dieses Awards möchten die Initianten der nichtkommerziellen Internetplattform meet-my-life.net das Aufschreiben von Lebensgeschichten aus dem Volk popularisieren. Flüchtige «Oral History» soll als Teil unseres kulturellen Erbes und als ergänzende Geschichtsschreibung der Nachwelt verschriftlicht und so erhalten bleiben. Der Link zu ihrer Biographie: «Integration ist mehr als Wort»: https://www.meet-my-life.net/de/143/autobiographien-lesen/1226/integration-ist-mehr-als-ein-wort.html
red