Erinnerungen an goldene Zeiten
Der Tennisclub Rontal Dierikon feiert sein 50-Jahr-Jubiläum
Obwohl unsere grössten Schweizer Aushängeschilder im Tennis erst im 21. Jahrhundert Weltruhm erlangten, setzte der eigentliche Tennis-Boom lange vorher ein.
In der Innerschweiz kannte man in den 1970er Jahren vor allem die Nobeltennisclubs Lido, Tivoli und Allmend. Es war die Zeit, als Tennis der Sport der vermeintlich «Mehrbesseren» war. Das Etikett war wichtig. Ärzte, Anwälte und Direktoren beherrschten die Szene. Man kleidete sich auf dem Platz ausschliesslich in weiss. T-Shirts und farbige Socken waren ein absolutes No-Go und führte zum Platzverweis.
Im Soge des Tennisboom der 70er Jahre
Damals waren die Clubs rund um Luzern proppenvoll. Wer als Neumitglied aufgenommen werden wollte, brauchte einen Götti und musste eine einmalige Aufnahmegebühr von mehreren hundert Franken bezahlen. Im Zuge der Weiterentwicklung der Migros-Klubschule nutzte der damalige Clubschulleiter Hans Achermann die Gunst der Stunde und initiierte den Bau einer Tennishalle und vier Aussenplätze neben der Betriebszentrale der Migros in Dierikon. Ziel war es, den Tennissport für alle erschwinglicher und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So machten viele die ersten Erfahrungen mit dem weissen Sport und spielten wild drauflos. Als der Clubschulleiter feststellte, dass die Sportbegeisterten auf dem Platz keine Regeln kannten und die Punkte mit 10, 15, 30, 40, 50 oder so ähnlich zusammenzählten, meinte dieser, dass der Tennissport in Dierikon mit einem Club in geordnete Bahnen gelenkt werden muss. Zusammen mit dem Juristen Otto Winiger, der die Statuten entwarf, Ruedi Senn, der als Spikopräsident amtete sowie René Stitzel und ein gewisser Herr Treichler wurde der erste Vorstand aus der Taufe gehoben und der Tennis Club Migros-Dierikon gegründet. Der damalige Chef der Betriebszentrale Migros, Eugen Hunziker, unterstütze den ganzen Prozess.
Goldige Zeiten
Schon bald zählte der Club 400 Mitglieder und es bildete sich eine Warteliste von 60 Personen. Alle Anwärterinnen und Anwärter mussten eine Probestunde mit zwei Spiko-Mitgliedern überstehen, wobei beim Aufnahmeentscheid auch eine Rolle spielte, ob der Kandidat sozial ins Gefüge passte beziehungsweise genehm war. Ja, das waren noch Zeiten! Heute ist das undenkbar.
Dem Club war es jeweils sehr wichtig, dass sie immer ausgewiesene und spielerisch starke Tennislehrer verpflichten konnten. So war es auch selbstverständlich, dass ein Trainer nur angestellt wurde, wenn er auch in der ersten Interclub-Mannschaft das Aushängeschild markierte. Klingende Namen wie Ivkovic oder Strehlau waren damals Lokalmatadoren mit einer damaligen B1-Klassierung und garantierten auch für sportliche Erfolge. Die Damenmannschaft der Seniorinnen (damals noch 40 plus unter Captain Marlies Küng) überflügelten gar die Herren und konnten in der Nati-A mehrere Finalteilnahmen und Meistertitel feiern. Ja, die 70er und 80er waren denn auch die «goldenen» Jahrzehnte des Clubs.
Neue Anlage für die 90er Jahre
Die Migros benötigte immer mehr Platz. So musste das legendäre Restaurant «Sonne» in Dierikon der Erweiterung der Betriebszentrale weichen. Auch die Tennishalle und die vier Aussenplätze standen im Weg. Diese wurden einfach Richtung Zürich seitlich verschoben. Die Kapazität der Tennishalle wurde von zwei auf vier Plätze verdoppelt, um zehn Jahre später wieder auf drei Plätze zu reduzieren. Dafür wurden zwei Aussenplätze im Winter mit einer Traglufthalle überspannt. Nebst Tennis wurde jetzt auch noch Squash und Badminton angeboten, was zum Racket-Center Sportpark führte.
Gesellschaftlicher Wandel
Leider nahm das Interesse am Tennis Anfang der 90er Jahre mehr und mehr ab. Viele meist ältere Tennisspieler wechselten zum Golf. Die jüngere Generation wollte sich nicht mehr in Clubs verpflichten und bevorzugte mehr das Individuelle und Unverbindliche. Die Freizeit fand nicht mehr auf Voranmeldung im Club statt, sondern dank Handy und Facebook wie’s grad so passt oder eben nicht. Etwas wehmütig denkt man an die goldigen Zeiten zurück, als man die Tennistasche konstant im Auto hatte und immer einen Partner im Club fand, der noch Lust auf ein Tennismatch hatte, ganz zu schweigen von den vielen Grillabenden, die auch meist spontan und manchmal sogar mehrmals die Woche stattfanden.
Trotzdem ist der Verein zuversichtlich, dass das Interesse für diesen schönen Sport wieder vermehrt geweckt werden kann und die Erfolge zurückkommen - sportlich und gesellschaftlich. pd/imü