Dorfgarten mitten im Zentrum
Horban Gardening ist ein perfektes Beispiel für funktionierendes Urban Gardening in städtischen Gebieten
Ein herziges Bänkli zum Verweilen, ein Weiden-Tipi für Kinder, zwanzig Hochbeete und viel essbares Grün – das ist das Ergebnis von zweieinhalb Jahren Urban Gardening im Horwer Dorfzentrum.
Etwas mehr als zwei Jahre ist es her, seit die Mitglieder des damals noch blutjungen Vereines Horban Gardening die ersten Pflanzen auf ihrem «Mirabellen-Mätteli» setzten. Den Namen hat die kleine Horwer Oase von einem Mirabellenbaum erhalten. «Diese köstlichen Früchte waren das erste, was wir hier geerntet haben», erzählt Co-Präsidentin Alexandra Gerhardt strahlend. Als die Gemeinde Horw 2019 einen Infoanlass veranstaltete mit dem Ziel, einen Verein für urbanes Gärtnern zu gründen, war die junge Mutter sofort Feuer und Flamme. Zusammen mit zwei Mitstreiterinnen, die sie an den Info-Anlässen kennengelernt hatte, legte sie gleich los. Zuerst musste eine geeignete Fläche gefunden werden. Nach einigen Gesprächen war klar, dass der Verein die Fläche an der Ringstrasse übernehmen kann, welche vorher als Provisorium für den neuen Spielplatz beim Oberstufenschulhaus gedient hatte.
Die erste Anbauphase fiel direkt in den Teil-Lockdown vom Frühjahr 2020 und die Anwohner:innen zeigten sich beim vorbeispazieren hoch interessiert über das neue Projekt. Einige waren so begeistert, dass sie gleich mitmachen wollten. «Eines Morgens stand ich mit meiner Co-Präsidentin Katharina Odermatt im Garten und sagte ihr, ich brauche jemanden, der ein Weidenbeet baut», erzählt Alexandra Gerhardt. «Ein paar Stunden später stand Petra hier am Zaun und sagte, sie könne dies machen.» Die gute Mischung von Menschen hält Alexandra Gerhardt für das Erfolgsrezept eines solchen Pilotprojektes. «Man muss aber auch offen sein und allen Ideen ihren Platz lassen», gibt sie zu Bedenken. Seit letztem Jahr sind die Beete auf die einzelnen Teammitglieder wie in Patenschaften verteilt. Jeder schaut zu «seinen» Beeten. Anfang Jahr wird grob geplant, welche Hauptpflanzen im Sinne der Mischkulturen sich wo vertragen und nach den Aspekten der Permakultur sein können, diese mit weiteren Pflanzen zu kombinieren und zu pflanzen macht dann jeder eigenständig. Angebaut wird rein biologisch.
Alexandra selbst hat – wie alle Mitglieder des Vereines – zwar keine klassische Gärtnerausbildung, jedoch besuchten sie und Co-Präsidentin Katharina Odermatt in den vergangenen Jahren einige Kurse zu nachhaltigem Gartenbau. Seit kurzem ist das Mirabellen-Mätteli sogar zertifizierte ProSpecieRara-Fläche. Heisst: Der Verein erhält Saatgut von seltenen und urtümlichen Obst- und Gemüsesorten, welche für ProSpecieRrara zum Samenanbau angebaut werden. Sind die Samen erntereif, gehen diese gereinigt ins Saatgutinventar von ProSpecieRara retour.
Und was bleibt für den Verein? Das Grundprinzip lautet: Was einen «gluschtet» darf auch geerntet und gegessen werden – ob es im «eigenen» Hochbeet, oder in demjenigen nebenan gewachsen ist. Meist gäbe es ohnehin zu viel aufs Mal von einer Sorte, um alles alleine zu essen. «Wir sind einander nicht futterneidig», sagen die anwesenden Mitglieder grinsend.
Potential noch nicht ausgeschöpft
Pflanzenkundige finden neben Gurken, Tomaten und Rüebli auch viele Wildpflanzen im Mirabellen-Mätteli, die genauso ess- und geniessbar sind. Das Ziel sei, auch im Winter Pflanzen anzubauen, um durch das Jahr permanent was zum Ernten zu haben. «Katharina und ich haben da schon tausend Ideen», schwärmt Alexandra. Auch würde sie sich freuen, wenn in Zukunft weitere Flächen in Horw für urbanes Gärtnern benützt würden. «Das Ur-Konzept sieht vor, brache Flächen in blühende, essbare Inseln zu verwandeln – auch wenn sie nur vorübergehend sind», bestätigt sie. «Falls jemand ein unbenütztes Stück Land besitzt, oder weitere Teams sich in anderen Ortsteilen für so ein Projekt interessieren, unterstützen wir gerne», versichert sie. «Je mehr, desto besser!»
Die Gruppe für den Garten an der Ringstrasse ist mittlerweile ein eingespieltes Team. Je zwei Personen teilen sich jeweils einen Tag für das Pflanzentränken und wechseln sich untereinander ab. Neu ins Leben gerufen wurde dieses Jahr eine Kindergruppe, die sich an mehreren Tagen durch den Sommer im Garten trifft und dort beispielsweise lernt, welche Wildpflanzen essbar sind und wie man aus ihnen leckere Getränke macht.
Irene Müller