Die Begegnung mit dem Tod
Freiwillige leisten nächtliche Einsätze, um Angehörige schwerkranker Menschen in der intensivsten Phase zu entlasten
Der Verein «Begleitung Schwerkranker - Luzern und Horw» ist da, um Menschen in ihren letzten Lebenstagen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln - und um nachts die Angehörigen zu entlasten.
Luzern «Es ist eine Herzensangelegenheit ». Mit diesem Satz beginnt Marietta Schnider-von Rotz ihre Tätigkeit zu beschreiben. Sie ist Stellenleiterin im Verein «Begleitung Schwerkranker Luzern und Horw». Einem Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen, die im Sterben liegen,und deren Angehörige zu entlasten. «Die Einsätze sind auf freiwilliger Basis und vorwiegend von abends um 22 Uhr bis morgens um 6 Uhr», klärt die Stellenleiterin. In dieser Zeit sitzt man am Bett der kranken Menschen. Man hat ein offenes Ohr oder ist einfach nur da. Vereinspräsident Markus Sigrist leistet seit Jahren solche Einsätze. «Kein Besuch ist wie der andere», sagt er. «Es gab Nächte, da las ich die ganze Zeit ein Buch, es gab aber auch Nächte, in denen der Mensch im Bett unruhig war und ich die Hände gehalten, die Füsse massiert oder einfach zugehört habe.» Eine Aufgabe, die alles andere als einfach ist. Aber wichtig. «Angehörige pflegen ihre Liebsten oft bis in den Tod», erklärt Marietta Schnider-von Rotz. «Auch wenn man alles aus Liebe tut, ist man irgendwann ausgelaugt. Dann unterstützen unsere Begleitpersonen die Angehörigen. Wir sorgen dafür, dass diese Menschen wieder eine Nacht durchschlafen können.»
Wer einen freiwilligen Einsatz bei Schwerkranken leistet, erscheint abends um 22 Uhr. «Es ist immer ein wenig Anspannung da, kurz bevor man das Zimmer betritt», sagt Markus Sigrist. «Man weiss ja vorher nicht, wie die Nacht wird.» Aber die Wertschätzung und Dankbarkeit der Angehörigen sei immer von Anfang an spürbar. «Diese Menschen sind oft am Limit. Deshalb sind unsere Einsätze so wichtig.» Dennoch: «Wir ersetzen nicht den Pflegedienst. » Um die Freiwilligen zu schützen, dürfen keine Medikamente verabreicht werden. Auch sonstige Pflegerische Tätigkeiten gehören nicht zur Aufgabe der Begleitung. «Wir sind die Menschen, die zur Entlastung der Angehörigen und zur Unterstützung der Schwerkranken einfach anwesend sind.»
Bodenhaftung ist wichtig
Diese Aufgabe ist schön, berührend, bewegend, manchmal auch traurig, intensiv und herausfordernd. Der Verein ist immer wieder auf der Suche nach neuen freiwilligen Begleitpersonen, die bereit sind, solche Einsätze zu leisten. «In der Regel macht man ein bis zwei Begleitungen pro Monat», so Marietta Schnider-von Rotz. «Da wir aktuell rund 30 Freiwillige haben, die nicht regelmässig Einsätze leisten können, sind wir auf neue Mitglieder angewiesen. » Und wer kommt dafür in Frage? «Wichtig ist, dass es emotional stabile Menschen sind, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Bodenhaftung ist wichtig. Auch die Fähigkeit, in schwierigen Situationen die Ruhe zu bewahren», so die Stellenleiterin. Denn ja, es kann zu schwierigen Situationen kommen. Dennoch betont Markus Sigrist: «Unsere freiwilligen Begleitpersonen leisten ihre Dienste an schwerkranken und sterbenden Menschen mit viel Empathie und Wohlwollen. Sie versuchen Ängste und Sorgen mitzutragen und Menschen auf ihrer letzten Wegstrecke einfühlsam zu begleiten.» Marietta Schnider-von Rotz und auch Markus Siegrist können sich beide noch gut an ihre ersten Einsätze erinnern. Beide erlebten emotional tiefe Begegnungen. «Ab da wussten wir, dass wir in der Lage sind, solche Einsätze zu leisten », sind sich die beiden einig.
Die richtige Vorbereitung
Wer sich vorstellen kann, selbst solche Begleitungen zu machen, meldet sich bei Marietta Schnider-von Rotz. Die Grundvoraussetzung, um in den Pool der Freiwilligen aufgenommen zu werden, ist der Grundkurs «Begleitung in der letzten Lebensphase » der Caritas. «Hier wird man gut auf diese Aufgabe vorbereitet », so Markus Siegrist. Oft spüre man bereits hier, ob man wirklich dafür geeignet und bereit sei. Dazu kommt, dass der Verein nicht nur in Privathaushalten Einsätze leistet, sondern auch in Pflegeinstitutionen. Dort finden in der Regel die ersten Einsätze statt, denn da ist man nicht alleine. «Wir haben Freiwillige im Verein, die ausschliesslich in offiziellen Institutionen Begleitungen machen, weil sie nicht alleine sein möchten», so Marietta Schnider- von Rotz. «Das ist völlig legitim. Das Wohlbefinden der Freiwilligen hat Priorität.» Als Stellenleiterin vermittelt und koordiniert sie nicht nur die Einsätze, sondern sie hat auch immer ein offenes Ohr für die Menschen im Verein. «Nach jedem Einsatz telefoniere ich mit den Begleitpersonen. Wir reden darüber, wie die Nacht gelaufen ist», erklärt sie. Eine persönliche Beziehung zu den sterbenden Menschen entstehe in der Regel aber nicht. «Da die Freiwilligen ein bis zwei Einsätze pro Monat leisten, sind sie eher selten bei der gleichen Person », so die Stellenleiterin. Umso wichtiger sei es, als fremde Person Empathie und Wohlwollen zu haben, um den sterbenden Menschen und ihren Angehörigen zur Seite zu stehen.
Da beim Sterben
Der Verein «Begleitung Schwerkranker - Luzern und Horw» sucht Freiwillige, die bereit sind, nächtliche Einsätze bei schwerkranken Menschen zu leisten. Der Verein ist überkonfessionell, politisch neutral und es werden keine pflegerischen Tätigkeiten vorgenommen. Der Verein finanziert sich über Spenden: CH63 0900 0000 4063 7032 7 Begleitung Schwerkranker – Luzern und Horw, 6000 Luzern info@begleitungschwerkranker.ch